Um den Liebeskummer zu verstehen, muss man zunächst wissen, was geschieht, wenn wir verliebt sind. Zwar gilt die Liebe bei vielen bis heute als Himmelsgeschenk, aber die Wissenschaft konnte zumindest einige der biochemischen Vorgänge entschlüsseln, die am Zustandekommen des Gefühls Liebe beteiligt sind. Daraus ergibt sich in der Folge ebenfalls, warum Liebeskummer so unendlich schmerzhaft ist.
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Hormonchaos: Wir sind verliebt
Ausschlaggebend für das Verlieben sind viele Sinneseindrücke: Besonders die Augen und die Nase sind beteiligt. Empfinden wir das Gegenüber als attraktiv, versprechen wir uns von diesem Partner starke Nachkommen. Stimmt dann noch die Botschaft, die wir den Pheromonen im Duft des Anderen entnehmen, schlägt die Liebe unaufhaltsam zu.
Die ersten drei bis vier Monate in einer neuen Beziehung werden wir von Hormonen praktisch überschwemmt und wir alle kennen ihre Wirkung: Der Körper braucht weniger Schlaf, wir sind im Beruf eloquenter, der Partner entspricht genau dem, was wir schon immer gesucht haben und erscheint uns einfach perfekt. Im Umgang miteinander gibt es keine oder nur wenig Hemmungen: Alle Bedenken werden über Bord geworfen, Risiken ausgeblendet und niemand kann sich vorstellen, jemals wieder ohne den anderen zu sein.
[ad#ad-6]Nach dieser ersten Hochphase muss die Beziehung beweisen, dass sie auch den Anforderungen des Alltags gerecht wird. Der »Neue« ist so neu nicht mehr, Ecken und Kanten zeigen sich, das Paar rauft sich zusammen oder es trennt sich wieder. Hat die Liebe allerdings Bestand, wechselt die Hormonlage: Vermehrt schüttet der Körper Oxytocin aus, das uns an den Partner bindet und Vasopressin sorgt dafür, dass wir einander treu bleiben.
Dopamin wird in größerer Menge produziert und erlaubt es, uns glücklich zu fühlen. Gleichzeitig sind erhöhte Aktivitäten in den Gehirnarealen messbar, die als Belohnungszentrum bekannt sind und andere, zum Beispiel diejenigen, die verantwortlich sind für kritische Betrachtungen, schweigen still.
Es ist der älteste Teil des menschlichen Gehirns, der maßgeblich an der Verliebtheit beteiligt ist: das limbische System. Hier spielen sich die Emotionen ab und es bestimmt unser Handeln und Fühlen. Beeinflussen können wir die Entscheidungen nicht, die dort getroffen werden. Im Interesse der Fortpflanzung macht das limbische System mit uns, was es will. Und damit wir keine Anstrengungen unternehmen, diesen Zustand zu ändern, sorgt die entsprechende Hormonausschüttung dafür, dass wir uns rundum wohlfühlen. Zu Beginn unserer Beziehung, nach einigen Monaten und viele Paare sogar noch nach mehreren Jahren.
Verlieren wir den Partner, weil er sich einer anderen Person zuwendet, leiden wir an Liebeskummer: Alle Stoffe, die das angenehme Gefühl auslösen, werden jetzt nicht mehr produziert. Wir erleiden quasi eine Art Entzug. Besonders der Rückgang des Dopamins führt zu Depressionen. Dieser Verlust ist es, der uns Kummer fühlen lässt und den Trennungsschmerz so unerträglich macht. Nicht der fehlende Partner. Er war es lediglich, der die Hormonkaskade auslösen konnte. Was wir tatsächlich vermissen, sind körpereigene Stoffe. So unromantisch das auch klingen mag.
Den Liebeskummer überwinden bedeutet loslassen
Viele klammern sich nach der Trennung an Erinnerungen, die sie hegen und pflegen: Da bleibt das Bild des geliebten Menschen als Bildschirmschoner auf dem Smartphone, seine oder ihre zurückgelassenen Habseligkeiten werden gehütet wie ein Schatz und der Verlassene sucht die Orte auf, die man gemeinsam besucht hat. Sei es, um in Tagträumen zu versinken oder in der Hoffnung, die geliebte Person dort anzutreffen und alles würde plötzlich wieder gut. Helfen wird es nicht. Im Gegenteil: Wir verlängern das Leiden, indem wir versuchen das heraufzubeschwören, was unrettbar verloren ging.
Vor allem in der ersten Phase nach der Trennung, wenn der Dopaminspiegel besonders tief ist, wird es den wenigsten gelingen, alle Erinnerungen aus ihrem Umfeld zu entfernen. Das scheint auch ganz richtig so. Jeder Verlust muss betrauert werden. Wir brauchen diesen Akt der Bewältigung, um uns in die neue Situation einzufinden und um zu lernen, auch ohne den Partner zu leben. Glücklich zu leben. Dann aber muss irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem wir uns mutig der neuen Lebenssituation stellen und das hinter uns lassen, was nicht mehr zu retten ist.
Trennungsschmerz darf nicht das Leben bestimmen
Viele Menschen halten Abwechslung für ein angemessenes Mittel, wie mit Liebeskummer und Trennungsschmerz umzugehen sei, wie auch in dem Video zu sehen ist. Besonders jüngere Personen setzen darauf, möglichst häufig auf Partys zu gehen, ältere stürzen sich vielleicht in die Arbeit. Ganz gleich, womit sich der Liebeskranke ablenkt, wichtig ist, dass er in seinem Leben dafür sorgt, dass der Kopf noch mit anderen Dingen beschäftigt ist, als nur damit, dem Gefühl nachzuspüren, wie schlecht es um ihn bestellt ist.
Eine Reise kann ebenfalls helfen, Abstand zu gewinnen. Andere stürzen sich Hals über Kopf in neue Liebesabenteuer. Allerdings sei hier zur Vorsicht geraten: Der neue Partner hat jeden Respekt verdient. Ihn nur allein dazu zu benutzen, das eigene Leiden weniger zu spüren, wird ihm sicher nicht gerecht. Wer gleich nach dem Ende seiner Beziehung Kontakt zu anderen Menschen sucht und sich scheinbar auf die Liebe einlässt, sollte mit offenen Karten spielen. Die meisten von uns sind noch nicht für eine neue Paarbeziehung bereit, wenn statt der Liebe der Liebeskummer in ihren Herzen wohnt. Akzeptiert der andere die Situation, ist zumindest für faire Bedingungen gesorgt. Im anderen Fall erhält er die Gelegenheit, sich elegant zurückzuziehen, bevor er der nächste ist, der an Liebeskummer leidet.
Die Zeit nutzen
Es wird eine Weile dauern, bis sich der Hormonspiegel wieder an die aktuelle Situation gewöhnt hat. Statt der Anwesenheit des geliebten Menschen werden andere Ereignisse für den täglichen Domaminausstoß sorgen und nach und nach vergeht auch der Liebeskummer. Nachdem wir zunächst erheblich an Selbstkritik zu leiden hatten, uns unattraktiv fühlten und voller Selbstzweifel steckten, kehrt mit der Zeit das alte Selbstbewusstsein zurück. Es hilft, sich ausgiebig mit der eigenen Person zu beschäftigen und sich auf seine Stärken zu besinnen. Freunde begleiten den Liebeskummer häufig intensiv, kennen die meisten die unerträglichen Schmerzen doch selbst nur allzu gut.
Bis es so weit ist, sind wir von ernsthaften Stressreaktionen bedroht, die ebenfalls von körpereigenen Stoffen hervorgerufen werden: Eine Trennung löst immer auch Zukunftsangst aus. Das wiederum ist Stress für den gesamten Körper. Um diesem Stress zu begegnen, produziert der Körper zunächst Adrenalin, später Cortisol, zwei Hormone, die für ein Anwachsen der Kräfte sorgen. Kommt es nicht zum Abbau dieser Hormone, können Schmerzen in der Brustgegend die Folge sein.
Das Gefühl wird treffend beschrieben mit: Es fühlt sich an, als bräche das Herz. Gegen überschüssiges Adrenalin und Cortisol hilft Sport. Auch wenn es schwerfällt, sich aufzuraffen, ein paar Runden laufen, tanzen gehen oder eine andere Sportart zu betreiben, die Spaß macht, kann helfen, mit den körperlichen Folgen des Liebeskummers zurechtzukommen. Sport ist jedenfalls gesünder als der Verzehr von Schokolade, die wegen ihrer Inhaltsstoffe ebenfalls ein Gefühl von Glück vermittelt. Leider nur für kurze Zeit: Ein Blick auf die Waage löst häufig neues Unglück aus. Ohne Schokolade vergeht der Liebeskummer auch. Mit der Zeit.