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Angst vor Nähe in der Beziehung: Anzeichen & Ursachen

Angst vor Nähe in der Beziehung - Mache ich was falsch?

Die meisten Menschen wünschen sich nichts sehnlicher als eine erfüllende Liebesbeziehung, die ihnen Geborgenheit und Sicherheit gibt. Man lernt sich kennen, fühlt sich zueinander hingezogen, entdeckt Gemeinsamkeiten, verliebt sich leidenschaftlich, aber statt sich zu freuen und die Beziehung zu genießen, fühlen sich manche Menschen aus scheinbar unerklärlichen Gründen plötzlich unwohl mit der Nähe des Partners, ziehen sich zurück, werden unzuverlässig bei  Verabredungen oder tauchen ohne Erklärungen gänzlich ab: Die Angst vor Nähe.

Zurück bleibt ein Partner, der die Welt nicht mehr versteht, es war doch gerade so schön… Es kann eine diffuse Angst vor Nähe sein, die jemanden gerade dann flüchten lässt, wenn es am schönsten ist. Aber auch wenn jemand immer nur Affären hat, aber keine richtige Beziehung eingeht oder Dauersingle bleibt,  kann eine Bindungsangst dahinter stecken. Selbst bei Paaren, die jahrelang in destruktiven Beziehungen ausharren, ohne sich zu trennen, oder bei Dreiecksbeziehungen kann eine Bindungsangst zugrunde liegen.

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Die Ängste sind diffus, nicht greifbar. Betroffene spüren durch die Nähe des Partners ein Unbehagen und fühlen sich eingeengt bis hin zu körperlichem Unwohlsein und Panikattacken. Die Ursachen können sowohl in Kindheitserlebnissen liegen, wo man von seinen Bezugspersonen abhängig war und diese als sehr übergriffig erlebt hat. Oft spielen aber auch seelische Verletzungen aus früheren  Beziehungen eine Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Anzeichen für Bindungsangst

Ein Unbehagen, sich auf eine Beziehung einzulassen, muss nicht immer eine echte Bildungsangst sein. Manchmal ist man sich einfach nicht sicher und spürt das intuitiv. Dann hat die Bindungsangst ihren Sinn. Wenn man an sich oder seinem Partner aber die folgenden Anzeichen erkennen kann, könnte eine echte Bindungsangst vorliegen:

  • Emotionaler Rückzug: Man ist zwar körperlich anwesend, entzieht seinem Partner aber emotionale Nähe und Liebe, bleibt innerlich auf Distanz,  lässt den Partner quasi am ausgestreckten Arm verhungern, Erwartungen des Partners werden immer wieder enttäuscht.
  • Flucht in Arbeit/Hobbies: Um sich vor Nähe zu schützen, flüchten sich Bindungsängstliche gern in die Arbeit oder zeitintensive Hobbies. Entscheidend ist, dass Arbeit oder Hobby Priorität vor dem Partner haben.
  • Räumliche Distanzierung: Nicht selten schaffen sich Menschen mit Bindungsängsten auch räumliche Hürden. Sie suchen z. B. einen Partner über das Internet, gehen von vornherein Fernbeziehungen ein, bei denen nicht die Gefahr von zu viel Nähe besteht oder suchen sich eine Arbeit, bei der sie viel unterwegs sein müssen.
  • Dauersuche nach Mr. oder Mrs. Right: Eine beliebte Abwehrstrategie von Bindungsängstlichen ist auch, dass sie bisher einfach Pech hatten und nur nicht den richtigen Partner gefunden haben. Aber wenn man genauer hinschaut, kann es ihnen kein Partner recht machen, egal wie attraktiv, charmant oder erfolgreich er ist, meistens dann, wenn er ihnen zu nahe kommt.
  • Sexueller Rückzug als Beziehungsverweigerung: Emotionaler Rückzug kann sich auch durch den Rückzug aus der Sexualität äußern. Zu Beginn der Beziehung verbindet die Partner noch eine leidenschaftliche Sexualität, aber sobald der aktiv Flüchtende sich irgendwie vereinnahmt fühlt, schwindet die sexuelle Lust und der Partner verliert seine Anziehung. Bei manchen entwickelt sich auch eine ambivalente Logik mit Argumenten wie „Ich liebe Dich noch, aber im Bett läuft es nicht mehr richtig“ oder „Ich will Sex mit Dir, aber keine feste Beziehung.“ Sexualität ist die Kraft in einer Beziehung, die am stärksten bindet. Sie kann ein Paar stark verbinden, aber auch trennen, wenn sie von einer Seite verweigert wird. Manche Bindungsängstliche lassen sich auf körperliche Nähe ein, verweigern aber sonst emotionale Nähe.
  • Rückzug durch Fremdgehen oder Dreiecksbeziehungen: Menschen mit Bindungsangst neigen häufig zur Untreue. Sie haben Angst, vom Partner vereinnahmt zu werden, wenn sie sich richtig auf eine Beziehung einlassen. Deshalb legen sie sich nicht gern fest. Untreue kann eine solche Vermeidungsstrategie sein. Durch einen Seitensprung oder ein Dreiecksverhältnis wird zum eigentlichen Partner eine Distanz hergestellt und das Unwohlsein lässt nach. In diese Kategorie fällt auch das Verleugnen einer Beziehung vor Freunden oder Verwandten.
  • Flucht in Regeln oder Grenzen: Menschen mit Angst vor Nähe muten ihren Partnern häufig starre Grenzen zu, so dass diese das Gefühl haben, vom Leben des anderen ausgeschlossen zu sein.  Bindungsängstliche brauchen das Gefühl von Kontrolle über Nähe und Distanz. Die Vorstellung, für immer mit ihrem Partner zusammen zu sein, macht ihnen Angst.
  • Flucht durch Wegstoßen: Eine wirksame, eher passive Strategie ist das Wegstoßen des Partners, indem man durch sein Verhalten dafür sorgt, dass der Partner sich zurückzieht oder trennt, weil man dem Partner nicht aktiv wehtun möchte. Oft ist es eine Mischung aus Weglaufen und Wegstoßen.

Woher kommt die Angst vor Nähe?

Meistens ist den Betroffenen gar nicht bewusst, dass es diffuse Ängste sind, die es ihnen schwer machen, die Nähe zum Beziehungspartner auszuhalten.

  • Angst, abgelehnt zu werden
  • Versagensängste
  • Angst vor zu viel Verantwortung
  • Angst, ausgenutzt zu werden
  • Angst vor Kontrollverlust
  • Angst, sich lächerlich zu machen
  • Angst vor Bevormundung und Vereinnahmung durch den Partner
    Angst vor Nähe - Die Angst davor verlassen zu werden; alleine zu sein
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All diese Ängste sind nicht angeboren, sie resultieren aus den Erfahrungen, die im Laufe des Lebens gemacht wurden. Wer die Erfahrung gemacht hat, so wie er ist, abgelehnt zu werden, tut sich schwer, jemandem zu vertrauen. Wenn man enge Beziehungen erlebt hat, z. B. in der Kindheit oder in früheren Liebesbeziehungen, in denen man bevormundet und vereinnahmt wurde, wird später umso mehr auf die eigene Autonomie achten und Schwierigkeiten haben, sich auf jemanden richtig einzulassen, weil man Enge mit Kontrolle und Unfreiheit verbindet.

In einer engen Beziehungen ist es eine klare Abgrenzung schwieriger als in anderen Beziehungen, weil man nicht enttäuschen möchte. Wer erlebt hat, dass Nähe mit Schmerz verbunden ist, wird sich später nicht leicht tun, jemanden wieder nah an sich heranzulassen. Auch das Vorbild der elterlichen Beziehung kann eine Rolle spielen.

Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass in unserer heutigen Gesellschaft, die sehr stark auf Selbstoptimierung und Perfektion ausgerichtet ist,  Bindungsangst immer mehr zunimmt. Der Druck, immer gut drauf sein zu müssen und das Optimale aus seinem Leben herauszuholen schürt geradezu die Angst, nicht gut genug zu sein.

Wie kann man mit der Angst vor Nähe umgehen?

Menschen gehen unterschiedlich mit Beziehungsängsten um. Die einen flüchten sich in ständig wechselnde Beziehungen, andere bleiben dauerhaft Single, wieder andere sind frustriert, weil es dann doch wieder nicht Mr. oder Mrs. Right war und hoffen auf das nächste Mal. Wer aber eine auf Dauer erfüllende Beziehung erleben will, muss sich seinen Ängsten stellen und Wege finden, mit ihnen umzugehen, sei es mit dem Partner gemeinsame Wege zu suchen oder sich fachkundige Hilfe zu suchen. Angst vor Nähe kann besiegt werden.

Wer Angst vor Vereinnahmung hat, muss lernen, sich angemessen anderen gegenüber abzugrenzen und zu behaupten. Das ist nicht leicht vor dem Hintergrund, das man seine Bezugspersonen nicht enttäuschen möchte.  Beziehungen entstehen dadurch, dass man sich aufeinander bezieht und es ist wichtig, seine eigenen Bedürfnisse in Beziehungen einzubringen. Nur so kann die Angst vor Vereinnahmung zurückgehen.

Interessenskonflikte lassen sich in keiner Beziehung vermeiden, aber für Beziehungsängstliche, die unter der Angst vor Vereinnahmung leiden, ist es besonders wichtig, die Erfahrung zu machen, dass sie mit ihren Bedürfnissen angenommen werden und ihnen der Druck genommen wird, dem Partner alles recht machen zu müssen aus Angst vor Liebesentzug. Die Angst vor Vereinnahmung kann auch nachlassen, wenn der Bindungsängstliche das Gefühl hat, sich ohne schlechtes Gewissen ab und zu zurückziehen zu können.

Für Menschen, die Angst davor haben, Fehler zu machen, ist die Erfahrung wichtig, dass sie Fehler machen dürfen und trotzdem geliebt werden. Eine Therapie kann, muss aber nicht immer sinnvoll sein, denn sie gibt Betroffenen auch wieder das Gefühl, so wie sie sind, nicht richtig zu sein und „geheilt“ werden zu müssen.

Aber gerade das Gefühl des Angenommenseins braucht es, um sich in einer Beziehung zu Hause zu fühlen. Ein verständnisvoller Partner kann viel dazu beitragen, dass Bindungsängste reduziert werden. Ob jemand etwas gegen seine Ängste unternimmt, hängt sicherlich sehr von seinem persönlichen Leidensdruck ab. Nur wer eine richtige Beziehung vermisst, wird vermutlich bereit sein, sich seinen Ängsten zu stellen und neue Wege zu wagen.

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