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Emotionale Erpressung in der Partnerschaft

emotionale Erpressung - Wenn eine Partnerschaft zum Zwang wird

In der Regel fordern Erpresser Lösegeld; manchmal ein zusätzliches Fluchtfahrzeug, um sich davonstehlen zu können. Erpresste sind bereit, Unsummen zu zahlen und die Erpresser unbescholten davonkommen zu lassen. Sie sind machtlos, da sie wissen, dass etwas viel Wichtigeres auf dem Spiel steht als Geld: Ehre, Ansehen, der gute Ruf etc. Doch wie sieht es mit emotionale Erpressung aus?

Menschen sind dann in der Lage, andere zu erpressen, wenn sie die Achillesferse des anderen kennen. Ein großes Geheimnis, das keinesfalls an die Öffentlichkeit geraten darf, da es sonst Sanktionen des Umfeldes zur Folge hätte, die keinesfalls in Kauf genommen werden wollen. Erpresst zu werden ist schmerzlich, wird aus Angst vor etwaigen Konsequenzen jedoch ausgestanden.

Inhaltsverzeichnis

Wie viel ist die Liebe wert?

Erpressungsszenarien spielen sich jedoch nicht ausschließlich im wirtschaftlichen Sektor oder in hohen Gesellschaften ab. Auch in Partnerschaften wird erpresst und folgt ähnlichen Regeln: Einer der Partner möchte seinen Willen durchsetzen und die Beziehung nach seinen Vorstellungen gestalten, weshalb es nötig ist, den anderen entsprechend zu formen. Vollzieht dieser den Wandel nicht aus freien Stücken oder eigener Überzeugung, wird erpresst.

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Es wird versucht, die Gefühle des anderen zu manipulieren, um so seinen Willen durchzusetzen. Emotionale Erpressung fußt auf Bestrafung mittels negativer Verstärkung: Erhält der Erpresser nicht das, was er möchte, wird der andere in einen negativen gefühlsmäßigen Zustand versetzt. Forderungen sind selbstverständlich nicht in Euro aufzuwiegen – stattdessen vielmehr in Zuneigung, Aufmerksamkeit oder Zeit.

Manipulation durch Schuldgefühle

In Partnerschaften werden verschiedensten Maßnahmen der emotionalen Erpressung ergriffen. Die Effektvollste von allen ist wohl jene der Provokation von Schuldgefühlen. Für etwas Negatives verantwortlich zu sein, schmerzt den Menschen ungemein. Insbesondere dann, wenn derartige Zuweisungen von der geliebten Person kommen. Der Gedanke daran, für wie auch immer geartetes Leid des anderen verantwortlich zu sein, macht manipulierbar – das Wissen darum macht sich der Erpresser zu nutzen, um das zu bekommen, was er will.

Häufig werden Schuldzuweisungen derart formuliert, dass sie Allgemeingültigkeit suggerieren und dem Erpressten das Gefühl geben, er würde sich normabweichend verhalten. Dies ist z. T. noch unangenehmer, als „nur“ den eigenen Partner enttäuscht zu haben.
„Wenn man jemanden liebt, macht man so etwas nicht.“ – Ein Klassiker.

Weitere Methoden emotionaler Erpressung

Neben der Beförderung von Schuldgefühlen bedienen sich emotionale Erpresser vieler weiterer Methoden, um in der Beziehung genau das zu bekommen, was sie sich wünschen:

  • an Verpflichtungen in der Beziehung erinnern
  • Vorwürfe verschiedenster Art
  • darauf verweisen, dass sie häufiger Opfer für die Partnerschaft bringen
  • den Märtyrer spielen
  • nachtragend sein und oft auf vergangene Fehler hinweisen
  • Verhaltens- und Handlungsweisen mit denen anderer vergleichen
  • auf Diskrepanzen in Worten und Taten hinweisen
  • Gefühle in Frage stellen
  • auch ohne Worte Leiden zum Ausdruck bringen
  • demonstrieren, wie wertvoll ihr Tun für das Aufrechterhalten der Beziehung ist
  • mit Leid, Trennung, Selbstverletzung oder gar Suizid drohen

In besonders akuten Fällen von emotionaler Erpressung kann so weit gegangen und gar von psychischer Gewalt gesprochen werden. Die Erpresser wissen in der Regel genau, welche Strategie in welcher Situation am ertragreichsten ist und nutzen dies gezielt aus. Ähnlich, wie Erpresser im wirtschaftlichen Bereich, kennen Partner, die zu derartigem Verhalten in der Beziehung neigen, die Schwächen des anderen genau und können diese gezielt für ihre Zwecke nutzen.

Warum erpressen Menschen in Partnerschaften?

Sie sehen sich selbst als Opfer
Das Paradoxe ist, dass sich die Erpresser häufig selbst als Opfer sehen und aus einer Art Selbstschutz heraus handeln. In gewisser Hinsicht wissen sie sich nicht anders zu helfen, als den geliebten Menschen zu manipulieren. Die Gründe, die dahinterstecken, sind äußert vielfältig.

emotionale Erpressung - Wer hat hier die Opferrolle?
emotionale Erpressung – Wer hat hier die Opferrolle?

Emotionale Abhängigkeit
Denkbar wäre, dass der Erpresser emotional derart von seinem Partner abhängig ist, dass er glaubt, ohne den anderen keinesfalls leben zu können. Daher ist die Angst, verlassen zu werden, größer, als unter normalen Beziehungsumständen. Erpressungen scheinen als einzige und vor allem effektive Möglichkeit, den anderen zu binden.

Unzureichende Kommunikation
Zwar banal, jedoch durchaus realistisch: Der Erpresser kommuniziert seine Bedürfnisse und Wünsche nicht und erwartet, dass der andere sie ihm sozusagen von den Augen abliest. Dass dies nur schwer bis gar nicht möglich ist, spielt hierbei keine Rolle. Daraus resultieren Frustration und Enttäuschung, da das Verhalten des anderen als unsensibel und nicht einfühlsam genug wahrgenommen wird. Statt offen darüber zu sprechen, was einem auf der Seele liegt, greifen emotionale Erpresser zu manipulativen Methoden, um letztlich doch das zu bekommen, was sie sich von der Beziehung wünschen.

Gefühle der Unzufriedenheit
Dem Erpresser sollte nicht die komplette Schuld aufgeladen werden. Es ist durchaus möglich, dass Verhaltensweisen früherer Partner oder vergangene Handlungen des aktuellen ihn dazu bewegen, sich derartig zu verhalten. Unter Umständen werden durch die emotionale Erpressung Empfindungen wie Kränkung, Zurückweisung, mangelnder Zuwendung, fehlender Aufmerksamkeit, emotionalen Verletzungen etc. Ausdruck verliehen.

Zweifel an der eigenen Person
In manchen Fällen wird emotionale Erpressung von Menschen praktiziert, die nicht besonders selbstbewusst sind. Sie glauben, dass sie einer anderen Person nicht genug zu bieten haben, weshalb ein Partner nie dauerhaft an ihnen festhalten würde. Durch verschiedene Manipulationsstrategien versuchen sie, den anderen trotz eigener (vermeintlicher) Unzulänglichkeiten an sich zu binden.

Folgen emotionaler Manipulation

Dass derartige Erpressungsversuche der Liebe auf Dauer nicht zuträglich sind, ist den Erpressern mal mehr und mal weniger bewusst. Tatsache ist jedoch, dass ein derartiges Verhalten unweigerlich zu Beziehungsproblemen führen wird.

Entweder, der Erpresste setzt sich zur Wehr und entwickelt sich selbst zum Erpresser, sodass die Beziehung ein einziger Schlagabtausch von Schuldzuweisungen wird oder der Erpresste resigniert, und fügt sich in die Rolle des Klein-Beigebenden. Beide Varianten sind ungesund und der Liebe über kurz oder lang abträglich.

Statt sich in der Gegenwart des anderen wohlzufühlen, dominiert ein ständiges Gefühl der Beklemmung. Man fühlt sich unfrei, machtlos, ist ängstlich und schlichtweg unzufrieden. Der Erpresste zaudert ständig zwischen dem Gefühl, unter Zwang zu stehen und einem schlechten Gewissen; je nachdem, ob er auf die Erpressungen eingeht oder sich zur Wehr setzt.

Wege aus der emotionalen Erpressung

Am Beginn des Weges aus der emotionalen Manipulation steht ein Eingeständnis. Sowohl der Erpresste als auch der Erpresser selbst müssen erkennen, in welcher ausweglosen Situation sie sich befinden, und dass ihre Beziehung einen ungesunden Verlauf genommen hat. Nur, wenn beide sich diesen Sachverhalt eingestehen, kann bewusst an einer Verhaltensänderung gearbeitet werden.

Wichtig ist insbesondere, dass dies gemeinsam geschieht: Insofern sich nur einer der beiden Partner die Erpressung eingestehen würde, wäre eine Veränderung schwieriger herbeizuführen. Beide Partner haben sich, wenn auch unter negativen Rahmenbedingungen, aufeinander eingespielt, weshalb eine einseitige Reorganisation vermutlich ebenso mit Problemen verbunden wäre.

Die wichtige Rolle des Erpressten
Zwar sollten bestenfalls beide Partner die Einsicht gewinnen, dass sich die Umgangsformen in der Beziehung neu gestalten müssen, jedoch wird der Ausschlag hierfür nur in seltenen Fällen vom Erpresser kommen. Dieser agiert zumeist unbewusst und sitzt sozusagen am längeren Hebel, weshalb er weniger dazu geneigt sein wird, etwas an der Situation zu verändern.

Ganz anders sieht dies für den Erpressten aus: Die ambivalente Gefühlslage wirkt erdrückend, sodass eine Modifikation der Beziehungsstrukturen herbeigesehnt wird. Je nachdem, wie eng die gefühlsmäßige Bindung ist oder wie lange die Partnerschaft schon besteht, wird der Schritt aus der Unzufriedenheit in die Unabhängigkeit entweder über die Trennung oder über die Konfrontation mit dem Partner erfolgen.

  • Einfühlsam auf die Missstände hinweisen

Als Erpresster mit Schuldzuweisungen und Vorwürfen zu kontern, wäre denkbar ungünstig. Es ist wichtig, dem anderen möglichst einfühlsam zu begegnen und vorsichtig auf die Erpressungssituation hinzuweisen. Am besten möglichst subtil. Dabei sollte vornehmlich auf die eigenen Gefühle eingegangen und beschrieben werden, wie es einem mit der Situation geht. Hierbei sollte stets im Hinterkopf behalten werden, dass der Erpresser selbst „nur“ aus Selbstschutz agiert, weshalb entsprechend auch auf seine Gefühlslage eingegangen werden sollte.

  • Das eigene Verhalten kritisch betrachten

Zwar soll die Schuld nicht in Gänze bei sich gesucht werden, jedoch könnte es helfen, kritisch zu reflektieren, ob die Verhaltensweisen des Erpressers in manchen Situationen vielleicht ein Stück weit gerechtfertigt oder zumindest auf eigenes, evtl. unangemessenes Verhalten zurückgeführt werden können. Ist dies der Fall, sollte mit der Veränderung auch bei sich selbst angesetzt und unter Umständen verletzende oder kühle Handlungsweisen zukünftig unterlassen werden.

  • Entscheidungsfreiheit zurückerlangen

Erpresste sind Gewissensbisse in der Regel gewöhnt. Jedoch wäre wichtig, diese abschalten zu lernen. Denn: Sie sind unbegründet! Nicht auf die Manipulationen des Partners einzugehen heißt nicht, dass man ihn nicht liebt und seine Wünsche nicht respektiert. Es bedeutet lediglich, dass Entscheidungen mit freiem Willen getroffen werden. Diese Freiheit zurückzuerlangen ist zum Teil sehr harte Arbeit, da um des lieben Friedens willen häufig eingelenkt wird. Besser wäre aber, standhaft zu bleiben und Dinge nur aus freien Stücken zu tun. Derartiges Verhalten kann einem niemand übel nehmen. Freiwillig geäußerte Liebesbekundungen sind ohnehin viel wertvoller als erzwungene. Das wird auch der Partner irgendwann einsehen.

  • Sich in Geduld üben

Die Erpressungen werden nicht von heute auf morgen aufhören. Über längere Zeit eingeübte Beziehungsmuster sind hartnäckig und entsprechend schwer auflösbar. Daher ist wichtig, sich selbst und auch den anderen nicht unter Druck zu setzen und der Partnerschaft die Zeit zu geben, die sie zur Regeneration braucht. Am besten sollten schon kleine Verbesserungen angemessen wertgeschätzt werden, da dies sowohl einem selbst als auch dem Erpresser gut tut und zeigt, dass das Vorhaben nicht aussichtslos ist.

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